Eine Metaanalyse gibt wissenschaftlich fundierte Antworten zu den Wirkungseffekten von Print und ordnet diese in die Praxis ein. Mit Erkenntnissen aus über 300 Studien.
E-Commerce-Giganten wie der Wein- Anbieter Hawesko, das Modekaufhaus Zalando etc., mit digitalem Business groß geworden, haben erkannt, dass sie ihre Zielgruppen am besten über gedrucktes Material erreichen. Sie alle versorgen ihre wichtigsten Kunden mit eigenen hochwertigen Magazinen, weil Medienkanäle vor allem mit einem zu tun haben, was viele Marketer in ihrem blinden Online-Wahn oft übersehen: mit Mood, mit situativen Stimmungen der Rezipienten.
Ein paar Beispiele für die heutige Power of Print: Wenn ein Heranwachsender auf dem Schulhof eine „Bravo“ oder eine „Mädchen“ aufschlägt, bildet sich ein Kreis von Mitlesern. Das beweist im wahrsten Sinne die Strahlkraft von Zeitschriften bei jungen Menschen. Wer eine gedruckte „Apotheken Umschau“ liest, weiß mehr über Gesundheitsthemen und bringt der Apotheke durchschnittlich 18 Euro mehr Geld in die Kassen.
Anzeigen in gedruckten Medien werden nicht weggeklickt, sondern aufmerksam verfolgt. Als Aldi nicht mehr in Bild warb, brach die Kundschaft ein, die erst mit der „Aldi informiert“-Werbung wieder zurückerobert werden konnte.
Unternehmen, die während des Digitalhypes nicht blindlings alles in die Digitalwerbung steckten, profitieren nun davon. Der Hemdenhersteller Olymp beispielsweise verdreifachte seinen Umsatz auf über 230 Millionen Euro innerhalb der letzten zehn Jahre – mit einer konsequent auf Print ausgerichteten Kommunikationsstrategie.
Dies ist eine von vielen Erkenntnissen, die in der Metaanalyse „The Power of Print“ ausgeführt werden. Das Multisense Institut für sensorisches Marketing analysierte dafür im Auftrag der Creatura-Initiative über ein Jahr lang mehr als 300 internationale Studien zur Werbewirkung von Print und Druckveredelung.
So machen laut Analyse gedruckte Anzeigenblätter weiterhin bis zu 60 Prozent des Kommunikationsmix von Handelsunternehmen aus und auch Kataloge sind bislang nicht von der Bildoberfläche verschwunden. Ikea ist mit rund 30 Millionen gedruckten Exemplaren dabei der stärkste Katalogverbreiter. Selbst Firmen wie Zalando oder Airbnb, die als reine Onlineplayer starteten, setzen heute auf gedruckte Kundenmagazine zur Bestandskundenpflege und Neukundengewinnung.
Die Metaanalyse geht dabei vor allem der psychischen Wirkung von Print nach. So kommt sie zu dem Schluss, dass Papier durch seine multisensorischen Eigenschaften einen größeren Einfluss auf unser Gehirn hat: Menschen verstehen die Informationen besser und können sich leichter an sie erinnern, wenn sie in gedruckter Form statt am Bildschirm gesehen haben.
Zudem werden farbige Bilder eher wiedererkannt als Schwarz-Weiß-Motive. Auch Duft trägt stark zur Wiedererkennung eines Produktes bei. Dreidimensionale Darstellungen verdoppeln die Erinnerungsquote.
Vor allem hochwertige Papiere und Veredelungen können das Vertrauen in Marken steigern. Printprodukte können einen Produktnutzen spürbar machen. Marketer sollten daher bei der Auswahl eines Papiers auch dessen Oberflächenstruktur bedenken, denn diese strahlt auf die Botschaft ab. So bewerteten in einer Studie die Teilnehmer einen Laufschuh als robuster, wenn er auf einem Papier mit rauer Oberfläche beworben wurde anstatt mit einer glatten Oberfläche.
Doch sich nur auf Print zu konzentrieren oder nur auf digital ist nicht der richtige Weg. Marketer sollten auf eine crossmediale Strategie setzen. Marketingforscher belegten die Wirkkraft von Print im Zusammenspiel mit anderen Kanälen. Sie analysierten beispielsweise die Historie des Kundendialogs eines Autohauses über 39 Monate: Wie oft erhielten die Kunden Anrufe, E-Mails oder Werbebriefe und wie viel Geld gaben sie pro Quartal durchschnittlich für Services wie Inspektionen aus?
Direct Mailings hatten dabei den größten Effekt: Nach drei Briefkontakten gaben die Kunden durchschnittlich rund 60 Dollar aus, im Gegensatz zu 40 Dollar bei identischer Anzahl von Anrufen oder E-Mails. Noch größer fiel der Unterschied bei zehn Kontakten aus. Hier standen über 200 Dollar bei Werbebriefen nur noch 20 Dollar bei Anrufen und E-Mails gegenüber. Die Kunden fühlten sich von E-Mails und Anrufen schnell belästigt, von Printkontakten jedoch nicht. Im crossmedialen Mix stärkte Print sogar die Effektivität der anderen Kanäle.
Quelle und Text: W&V Redaktion, 1. April 2019